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Wie die Ägypter ihre Revolution schützen

Man muss den prodemokratischen Kräften in Ägyptern schon ein Kompliment machen. Sie sind nach dem Sturz von Mubarak nicht einfach nach Hause gegangen und haben sich mit der Entmachtung des Diktators zufrieden gegeben, sondern halten ein wachsames Auge darüber, wie die Übergangsregierung den Demokratisierungsprozess weiter umsetzt. Wenn ihnen etwas nicht passt, dann wird sofort Protest eingelegt. Ein Beleg dafür ist der erzwungene Rücktritt des Premierminister Ahmed Shafiq. Damit wurde einer der Hauptpunkte der Opposition erfüllt.
In einem vergeblichen Versuch die Proteste der ägyptischen Bevölkerung zu beruhigen, hatte Mubarak den ehemaligen Luftwaffenoffizier und engen Vertrauten Ahmed Shafiq zum Premierminister ernannt, kurz nach dem der Aufstand am 25. Januar begann. Nach dem Mubarak am 11. Februar zurücktrat und das Militär die Kontrolle übernahm, blieb Shafiq als Regierungschef im Amt. Dieses Überbleibsel des Mubarak-Regimes passte aber der Opposition gar nicht und sie verlangten seine Entfernung.
Das Militär hat nun dieser Forderung entsprochen und verkündete am Donnerstag, der ehemalige Transportminister Essam Sharaf wird der neue Premierminister sein, um die Übergangsregierung zu führen, bis zu einer demokratisch gewählten neuen Regierung.
Dem Rücktritt von Shafiq ging eine noch nie im ägyptischen TV gesehene Diskussion am Abend vorher vorraus, mit ihm und Vertretern der Opposition, wo er sich als das zeigte was er ist, ein Hardliner der nicht die Bedürfnisse der Ägypter vesteht. Seine negative Körpersprache sagte auch einiges über ihn aus. Die Sendung lief im Staatsfernsehen von 22:00 bis 2 Uhr Früh und das ganze Land schaute zu.
Parallel gingen laufend Kommentare über Twitter, Mail und Facebook zu seinen Aussagen der Zuschauer ein, die grösstenteils eine ablehnende Meinung beinhalteten. Am Morgen verkündete er seinen Rücktritt, so schnell ging das, und viele Beobachter meinen, da wurde Geschichte geschrieben und die Demokratie hat gesiegt.
Sein Nachfolger Sharaf ist von Beruf Ingenieur und nahm an den Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo mehrmals teil, was ihn viel Sympathie bei den Jugendlichen die hinter der Oppositionsbewegung stehen einbrachte.
Bassem Kamel, ein Mitglied der Koalition der prodemokratischen Kräfte sagte zu dem Wechsel: “
Zuerst haben wir Mubarak entfernt. Jetzt sind wir auch Shafiq losgeworden. Wir sind wieder die Besitzer des Landes. Wir warten aber noch auf die Erfüllung unserer anderen Forderungen.“
So verlangen sie die Aufhebung des seit dreissig Jahren geltenden Ausnahmezustands und die Freilassung aller politischen Gefangenen.
Heute fand wieder eine Grosskundgebung auf dem Tahrir-Platz statt und Essam Scharaf erschien dort, sprach erstmals direkt zur Menschenmenge (siehe Fotot oben). Er rief ihnen zu: "
Ich habe meine Legitimität von euch. Es gibt keinen anderen Ort, aus dem man diese Entschlossenheit und Willenskraft schöpfen kann."
Die Menge unterbrach den Politiker immer wieder während der Ansprache, teils um ihn hochleben zu lassen, teils um ihre Forderungen zu skandieren.
Eine weitere Forderung der Opposition ist heute erfüllt worden, denn es muss eine neue Verfassung her. Die ägyptische Regierung verkündete am Freitag, ein Referendum zur Abänderung der ägyptischen Verfassung wird am 19. März stattfinden. Auf der Webseite der Regierung steht: „
Der Prozess eines Referendums über die vorgeschlagenen Abänderungen der Verfassung der Arabischen Republik Ägypten wird am 19. März 2011 stattfinden.“
Damit soll die bisherige Verfassung, die auf Mubarak als Alleinherrscher abgestimmt war, in eine demokratische umgewandelt werden.
Die Aufgabe des neuen Premierminister ist es nun nach Wunsch der Bevölkerung, die Ordnung wieder herzustellen und die Wirtschaft in Gang zu bringen.
Aber die Übergangsregierung untersucht auch die Vergangenheit der Mitglieder des alten Regimes und will sie wegen Korruption und anderen Verbrechen belangen.
Der ehemalige Innenminister Habib al-Adli wurde verhaftet und seine Bankkonten eingefroren. Es laufen Untersuchungen gegen ihn wegen Anweisungen an Polizisten, auf Protestierende zu schiessen, Anweisungen zu Folter in Polizeirevieren, die zu Dutzenden von Toten geführt haben sollen, Terrorisierung von Bürgern, Plünderungen während den Protesten und der Entlassung von verurteilten Kriminellen aus dem Gefängnis.
Der ägyptische Generalstaatsanwalt untersucht auch Anschuldigungen gegen al-Adli, er wäre der Drahtzieher des Terroranschlags am 1. Januar 2011 in Alexandria gewesen.
Eine Strafuntersuchung gegen Hosni Mubarak und seinem ehemaligen Energieminister ist auch eingeleitet worden. Ihnen wird vorgeworfen, sie haben den Export von zu billigen Erdgas nach Israel und sechs europäischen Ländern genehmigt und damit dem ägyptischen Staat erheblich geschadet.
Die neue Regierung sagt, diese Verträge haben dem Land 170 Millionen Dollar in den letzten fünf Jahren gekostet. Der Oberstaatsanwalt, Magid Mahmud, sagt sogar, die Abmachung mit Israel hat einen Schaden von 500 Millionen Dollar an Mindereinnahmen verursacht. Israel bezieht fast sein gesamtes Erdgas aus Ägypten. Die Lieferungen sollen nächste Woche wieder aufgenommen werden, nach dem die Pipeline wegen einer Explosion Anfang Februar abgestellt wurde.
Mubarak war eine gehorsame Marionette des Westens und Israels, nicht nur was seinen Verrat gegenüber den Palästinensern betrifft, sondern er hat die Ägypter selber und den Staat zur privaten Bereicherung ausgeplündert und sogar die Bodenschätze des Landes unter Marktwert verkauft. Deshalb kann keine Rede davon sein, es war der Wunsch des Westens Mubarak zu stürzen und die Revolution wäre von westlichen Geheimdiensten oder sonst einer Gruppe gesteuert. Diese Behauptung ist absurd und wird durch die oben genannten Ereignisse komplett widerlegt. Im Gegenteil, sie haben ihren besten Freund in der arabischen Welt verloren.
Die Revolution in Ägypten kommt vom Volk. Sie haben viel Mut gezeigt, um gegen die vom Westen gestützte Diktatur aufzustehen und viele haben dabei ihr Leben geopfert. Sie lassen sich diesen Demokratisierungsprozess nicht mehr wegnehmen, passen genau auf, was das Militär und die Übergangsregierung macht.
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