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Professor Walter Hollstein: "Wieder nur Täter? Die Sexismus-Debatte und die Doppelmoral"
Mit einem Text, der heute im Schweizer Tagesanzeiger erscheint (im Laufe des Tages auch in der Internet-Ausgabe), klinkt sich jetzt auch der Soziologe Professor Walter Hollstein in die Sexismus-Debatte ein. Ich freue mich darüber, diesen Text jetzt schon auf Genderama veröffentlichen zu dürfen. Um ihn als Gastbeitrag ein wenig abzuheben, habe ich ihn in blaue Schrift gesetzt:
WIEDER NUR TÄTER?
Die Sexismus-Debatte und die Doppelmoral
Im sonntäglichen Politik-Talk der ARD ging es um die Frage, ob Deutschland ein Sexismus-Problem hat. Günther Jauch, der Moderator, wies Alice Schwarzer darauf hin, dass sie ihm mal in einer Talkrunde gesagt habe, seine Krawatte sei auch nur ein Penisersatz. Schwarzer überhörte das. Jauch wurde grundsätzlicher und meinte, wenn er Vergleichbares zu einer Frau gesagt hätte, wäre das sexistisch gewesen. Schwarzer ignorierte ihn erneut.
Das ist typisch für die gegenwärtige Debatte. Sexismus wird nur auf Frauen als Opfer bezogen; die Täter sind ausschliesslich Männer. Damit kein Missverständnis entsteht: Sexismus ist widerwärtig, und es ist gut, dass es darüber eine öffentliche Diskussion gibt. Aber: Sexismus gibt es ebensosehr gegen Männer. Wenn z.B. Merilyn French in ihrem millionenfach verkauften Roman "Frauen" in die Welt schaut, erblickt sie "verrottete Männer" und "so großartige Frauen". Bereits diese Dichotomie ist sexistisch. Es geht aber noch weiter: Männer sind für French allesamt Nazis, die als Unterdrücker und Widerlinge nichts anderes als den Tod verdienen.
"Was ist ein Mann in Salzsäure?" fragt Schwarzers "Emma" und antwortet lakonisch: "Ein gelöstes Problem." Das war – nur en passant – in der nationalsozialistischen Epoche ein Judenwitz. Als in den USA Lorena Bobbit ihren Gatten – einen offenbar notorischen Ehebrecher – im Schlaf mit einem Messer entmannte, kommentierte Alice Schwarzer, dass Lorena Bobbit "ihren Mann entwaffnet" habe. "Eine hat es getan. Jetzt könnte es jede tun. Der Damm ist gebrochen, Gewalt ist für Frauen kein Tabu mehr. Es kann zurückgeschlagen werden. Oder gestochen."
Das ist von gestern, aber heutzutage ist es nicht besser:
Sybille Berg bezeichnet in ihrem Stück "Missionen der Schönheit" alle Männer als "Schweine". Acht Frauen erzählen, wie sehr sie unter den Männern gelitten haben und was diesen also dafür gebührt. Strafen sind z.B., dass ihnen die Kehle durchschnitten werden soll oder Fesseln, Verhungern lassen, "die Eier abschneiden". Am 11.2. 2012 schreibt Berg in der Wiener "Presse": "Männer sind eben so. Sie müssen sich vermehren, das ist ihr Job. Egal, ob hetero- oder homosexuell, da muss immer was gehen, da müssen Pornos geschaut werden, Prostituierte gekauft, da muss gefummelt und einer weggesteckt werden". Im April 2012 ergänzt sie ihre Welt- und Geschlechtersicht in einer S.P.O.N.-Kolumne: "In der Welt der Männer langt es vermutlich, das Kinn nach vorne zu schieben, den Gegner beiseite zu walzen, nicht zuzuhören, keine Rücksicht auf Verluste".
Die amerikanischen Wissenschaftler Katherine A. Young und Paul Nathanson haben in ihrer Untersuchung "Spreading Misandry" minutiös belegt, wie die moderne Populärkultur unter dem feministischen Einfluss vor allem im Fernsehen, im Film und in der Massenliteratur "die Verachtung gegenüber Männern" propagiert. "Male bashing" nennt man das in den USA. Die preisgekrönte amerikanische Journalistin Kathleen Parker beschreibt in ihrem neuen Buch "Save the Males", wie verbales Eindreschen auf Männer inzwischen nachgerade zum Volkssport geworden ist.
Das muss Mann nicht auf sich sitzen lassen. Kritik ist selbstverständlich berechtigt, wenn es um männliche Vergehen und Fehler geht. Doch kein Mann muss sich, weil er nun mal eben Mann ist, als Vergewaltiger, Idiot oder Missgeburt der Natur beschimpfen lassen. Da ist Widerstand eine Frage der männlichen Selbstachtung. Auch Empörung, Wut und Korrektur sind mehr als berechtigt, und angesichts der Hasstiraden des ideologischen Feminismus ist es eigentlich befremdlich, dass sie auf Männerseite so moderat ausfallen. Nehmen wir uns ein Beispiel an den Frauen.
Im Grunde genommen wäre es ja ganz einfach: Es geht um Anstand und Respekt. Was man selber nicht angetan bekommen möchte, sollten wir auch nicht anderen antun. Nur eben: Das gilt für beide Geschlechter. Und zwar: gleichermassen.
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