Seit der vergangenen Woche aber ist der Feminismus in seine historische Phase eingetreten. Nur im Museum (und an manchen Universitäten, was manchmal dasselbe ist) können wir ihm künftig begegnen. Er hat sich aus der Gegenwart ebenso entschlossen verabschiedet wie aus dem Raum des Argumentierens und Räsonierens. Er hat nur Ressentiments und Rückzugsgefechte zu bieten. (...) Feminismus, das war einmal. Ihn heute noch ernst nehmen, hieße bei den Kelten anfragen, wie man zum Mars gelangt.
Eine 1981 gegründete "Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauen- und Geschlechterforschung" (ZEFG) hat ein neues, ein letztes Arbeitsfeld entdeckt: den Kampf gegen den "Antifeminismus". (...) Defensive ist jetzt angesagt und Destruktion. Die "Antifeministen" werden als der neue Feind ausgemacht. Ihnen, den Kritikern von Gender und Gleichstellung, widmet das ZEFG ein "Werkstattgespräch" mit klarer Zielsetzung: Feministische "Gegenstrategien" sollen gefunden werden, denn "Antifeministen" tun schlimme Dinge.
Mit dem "Antifeminismus" hat der akademische Feminismus, noch immer staatlich alimentiert, eine finale Spielwiese gefunden. Er definiert sich nun im Gegenüber, im Kontra, im Ablehnen, nicht länger im Aufbauen und Fordern. Er kapituliert vor seinen eigenen Ansprüchen. Der Versuch, mit dem "Antifeminismus" einen Straftatbestand des Denkens zu etablieren, ein künftiges hate crime, zeigt, wie rasch und endgültig dem Feminismus die Felle davon geschwommen sind.
Jetzt hat die "Emma" diesen Text veröffentlicht, geschrieben von der Bloggerin und Linguistin Luise Pusch, der so schlimm und doof und peinlich zu sein scheint, dass man zunächst gar keine Lust hat, ihn wiederzugeben. (...) Die Angehörigen haben sicher gerade anderes zu tun als darüber nachzudenken, ob ihre getöteten Kinder als "Schüler" oder "Schülerinnen" bezeichnet wurden (...).Jeder Anlass, ganz gleich wie gravierend, so der Eindruck, ist der "Emma" recht, um laut "Frauenquote!" zu rufen. (...) Aber das ist der Punkt, der einem Unbehagen bereitet: dass genau die Feministinnen, die sich eigentlich aufmachen müssten, den Biologismus zu bekämpfen, der sich ja in ihrer Wahrnehmung allzu oft gegen die unterdrückten Frauen richtet, dass genau diese Frauen nun so argumentieren, als wäre Geschlecht ein Risikofaktor per se.
Die "Emma" instrumentalisiere das Unglück für ihre politischen Forderungen und erweise dem Feminismus damit einen Bärendienst, so die fast einhellige Meinung der empörten Kommentatoren. "Geschmacklos", "ekelhaft", "zum Schämen" sind nur einige der Attribute, die das Social Web für Puschs Kommentar fand. Freilich könnte man nun einwenden, von einer Mitbegründerin der feministischen Sprachkritik, die in einem feministischen Magazin veröffentlicht, keine andere Perspektive erwarten zu dürfen.
Dass (...) jemand ein solches Unglück ausschlachtet, um Forderungen nach einer Frauenquote Nachdruck zu verleihen – da fehlen einem die Worte. (...) Es ist kein Unglück, das monatlich vorkommt und aus dessen Häufigkeit sich geschlechterspezifische Schlüsse und ein Handlungsauftrag ergeben. (...) Es ist an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu überbieten, sogar angesichts einer Katastrophe, bei der tote Männer und Frauen gleichermaßen betrauert werden, eine solche Forderung zu erheben. Diese Kampagne wird auf Kosten der Opfer und ihrer Angehörigen geführt.
Auf die Spitze getrieben hat es taz-Chefredakteurin Ines Pohl. "Fast scheint es, als könnte Deutschland endlich die dringende Sehnsucht erfüllen, auch mal eine Katastrophe für sich zu beanspruchen", twitterte Pohl kurz nach dem Absturz, als die Medien noch über eine technische Panne als Ursache spekulierten. Pohls kaltschnäuzige und menschenverachtende Einschätzung ist an Zynismus nicht zu überbieten, zumal Holocaust, Nazi-Diktatur und deutsche Teilung weit entfernt davon sind, verarbeitet zu sein. (...) Luise Pusch verstieg sich in der "Emma" zu der Forderung nach einer Frauenquote im Cockpit. Da Männer häufiger als Frauen zu Selbstmord und Amokläufen neigten, sei es an der Zeit, mehr Pilotinnen einzusetzen. "Die Opfer sind überwiegend Frauen, die Täter sind männlich", instrumentalisierte sie die Toten von Flug 4U 9525 zur Zementierung alter feministischer Klischees und löste mit ihrer Geschmack- und Pietätlosigkeit – auch unter "Emma"-Leserinnen – einen Sturm der Empörung aus.
Nach der Wortmeldung aus Alice Schwarzers Haus kann ich nicht mehr still bleiben. Sie steht nicht nur für einen amoklaufenden Feminismus, sondern setzt dem Treiben der vergangenen Tage die unrühmliche Krone auf. Sie offenbart, in welcher Verfassung unsere Medienlandschaft ist, und zeigt, wie niedrig die Hemmschwelle einer Zunft inzwischen liegt, die nicht ohne Grund immer weniger Ansehen genießt. (...) Als endlich erste kritische Stimmen aus dem eigenen Lager laut wurden und mancher bereits hoffte, der Ekel vor dem eigenen Abbild könne für den einen oder anderen Journalisten ein heilsamer Schock sein, setzte die Frauenzeitschrift "Emma" den neuen Tiefpunkt. Zwar stammt der von ihr veröffentlichte Artikel von einer feministischen Bloggerin, doch kommt in der begeisterten Übernahme und anschließenden Rechtfertigung durch die "Emma"-Redaktion die ganze Widerwärtigkeit einer enthemmten Ideologie zum Ausdruck, die ihren Auftrag offenbar darin sieht, Männer zu diskriminieren, zu verfolgen und zu diskreditieren. Doch damit nicht genug. Seit Freitag wissen wir, dass dieser aggressive Feminismus nicht einmal mehr davor haltmacht, menschliche Tragödien für die eigene Ideologie auszuschlachten.
(...) Die Pietätlosigkeit, mit der das Unglück von Europas Feministinnen ideologisch aufgearbeitet wird, ist kaum zu ertragen und hat einen veritablen Shitstorm ausgelöst. Doch statt zurückzurudern, sich zu entschuldigen oder die Schmiererei wieder von der Seite zu nehmen, gefällt sich die "Emma"-Redaktion darin, eine Rechtfertigungsarie anzustimmen. Als ließe sich hieraus eine Absolution für menschenverachtendes Verhalten ableiten, schallt es uns seit Sonntag von der Webseite entgegen, die Zeitung "Schweiz am Sonntag" würde doch dasselbe fordern. (...) Emma und Co haben in diesen Tagen viele Unterstützer verloren. Doch um einen Feminismus, der seine Weltanschauung über Empathie und Mitgefühl stellt, dessen Verbitterung nicht einmal Platz für eine pietätvolle Anteilnahme lässt, muss niemand trauern.
Heute habe ich mich dann hinter den Hörer geklemmt und in der Redaktion von EMMA angerufen. Zweimal wurde nach meinem Namen gefragt – und eine lange Warteschleife dauerte an, während wohl geprüft wurde, ob Männer aus der Ruhrbarone-Redaktion tatsächlich noch ein Anrecht darauf haben, solche Fragen zu stellen.NACH DER REVOLUTION WIRD DAS ANDERS.Schließlich teilte man mir, und das in der Tat sehr freundlich, mit, ich solle bitte den Kommentar von Frau Schwarzer zu dem Kommentar von Frau Pusch lesen.