OECD mahnt dringend zur Jungenförderung
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OECD mahnt dringend zur Jungenförderung


Der folgenden Zeitungsmeldung sollte man eine kleine Chronologie voranstellen:

2000: In der in diesem Jahr veröffentlichten PISA-Studie heißt es, "dass die schwachen Leistungen der Jungen in den meisten OECD-Staaten eine ernste bildungspolitische Herausforderung darstellen, der besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte". Die deutsche Politik reagiert auf diese Herausforderung, indem sie sie komplett ignoriert.

2001: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird sehr deutlich: "Die Leistungsschwäche der Jungen im Bereich Lesekompetenz stellt in Deutschland wie auch in den meisten anderen OECD-Staaten ein gravierendes Problem dar." Daher erklärt die OECD die Leseförderung der Jungen weltweit zu einem vorrangigen Bildungsziel. Deutschland nimmt sich davon aus. Im auf die Bundesrepublik bezogenen Ableger des OECD-Berichts "Bildung auf einen Blick", bei dem die Mitgliedsstaaten die für ihr Land wichtigen Themen zusammenstellen, ist die Lesekompetenz kein Thema. Stattdessen behandelt dieser vom Bundesbildungsministerium herausgegebene Bericht nur die Situation der Mädchen und jungen Frauen. So werden darin beispielsweise die Probleme von Schülerinnen mit dem Computer und der niedrige Frauenanteil in den Ingenieur- und Naturwissenschaftsstudiengängen ausführlich dargestellt. Es findet sich jedoch kein einziges Wort über die vielfältigen schulischen Probleme der Jungen.

2003: Weitere Untersuchungen bestätigen die PISA-Ergebnisse. So kommt der Bildungsbericht der OECD zu dem Schluss: "Innerhalb des allgemeinbildenden Schulwesens sind inzwischen tendenziell Jungen benachteiligt, und zwar auch dann, wenn das Niveau der Schulleistungen berücksichtigt wird. Bei Betrachtung der Geschlechterproportionen in den Schulformen des deutschen Schulsystems gilt für alle Länder gleichermaßen, dass deutlich mehr Mädchen als Jungen das Gymnasium besuchen. Umgekehrtes gilt für die Haupt- und Sonderschulen, in denen die Jungen überrepräsentiert sind."

Machen wir einen Sprung in die Gegenwart, zum 26. Mai 2009. An diesem Tag berichtet die "Welt":

In der Schule haben Jungen eher in Mathematik und Naturwissenschaften Erfolg, Mädchen in Sprachen und sozialen Fächern. Eine Studie der OECD macht Erziehung und Vorurteile für die Unterschiede verantwortlich. Bildungsexperten fordern nun mehr Unterstützung für Jungen, deren Leseschwäche alarmierend ist.


Bezeichnenderweise schließt der Artikel mit der Behauptung, dass die OECD-Mahnungen in Deutschland auf "offene Ohren" stoßen würden – um ausführlich zu berichten, was hierzulande alles für die Mädchen getan wird: von Girls Day bis Gender Mainstreaming (übrigens ohne große Erfolge zu verzeichnen). Was die Probleme von Jungen angeht, sind die Ohren deutscher Politiker zwar auch offen – sie stehen jedoch vor allem auf Durchzug.




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