CICERO: "Immer mehr Homophobe melden sich zu Wort"
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CICERO: "Immer mehr Homophobe melden sich zu Wort"


Ich muss sagen: Vor der aktuellen Debatte um Homosexualität war ich zuversichtlicher, was das Ausmaß an Toleranz in unserer Gesellschaft gegenüber Schwulen und Lesben angeht. Aber kaum wird das Fass aufgemacht, bröckelt doch so mancher Lack von angeblicher Liberalität, den sich unsere Gesellschaft gegeben hat. Auf Facebook kann man die Meldungen von Leuten schon bald nicht mehr lesen, die tönen, dass sie Artikel zum Thema Homosexualität nicht mehr lesen könnten – die viel penetrantere Berichterstattung über tatsächlichen Dünnschiss wie etwa das "Dschungelcamp" löst solche Abwehrreflexe bezeichnenderweise nicht aus. Vor allem im konservativen Lager überbietet man sich in Beiträgen, die behaupten dass Homosexualität doch kein Thema sein sollte, weil sie doch längst gesellschaftlich akzeptiert werde, klickt man den Kommentarstrang darunter an, dauert es nicht lange, bis von "Homosexuellen-Mafia" und "Homosexuellen-Propagandisten" gegeifert wird. Nein, man kann es nicht verleugnen: Die Tatsache, dass manche Menschen auf Partner desselben Geschlechts stehen und trotzdem gleiche Rechte haben und frei von Diskriminierung leben möchten, bringt viele andere emotional gehörig aus dem Gleichgewicht.

Dass in dieser Hinsicht aktuell einiges aus dem Unterholz gekrochen kommt, stellt heute auch der "Männer"-Chefredakteur David Berger im politischen Magazin CICERO fest. Zumindest einige reaktionäre Heterosexuelle basteln derzeit emsig an einer neuen großen Verschwörungstheorie:

So habe man bewusst ein Klima in unserer Gesellschaft geschaffen, in dem die eigentlichen Opfer nicht die Homosexuellen seien, sondern Homo-Kritiker, die lediglich die Normalität beziehungsweise die menschliche Natur und die damit verbundene traditionelle Familie verteidigten. Der Berufskatholik Beestermöller spricht gar von einer "inquisitorischen Jagd" auf jene, die sich erlauben, die Gleichwertigkeit von Homo- und Heterosexualität in Frage zu stellen; die zeigen, dass Homosexualität defizitär und deren Ausübung unmoralisch sei. Ihm "stockt" gar der "Atem" bei der Vorstellung, wie er nun von der Homo-Lobby wegen seines Plädoyers für eine gesunde Natürlichkeit zum Märtyrer gemacht werde. Wer sich ein wenig mit den Mechanismen von Diskriminierung auskennt, weiß, wie psychologisch geschickt hier Aversionen gegen das Andere geweckt und großgezüchtet werden.

(...) Diese Angst erreicht ihr peinlichstes, wohl selbst an Stammtischen nur noch Kopfschütteln erreichendes Niveau dort, wo Bok sich so sehr durch die zunehmende Gleichberechtigung der Homosexuellen bedrängt sieht, dass er Schutzräume für Heterosexuelle fordert. Denn: "Mann kann sich nicht mehr sicher sein, angefasst zu werden." Das Kalkulieren mit der Angst wird aber mit Hilfe der Selbst-Viktimisierung so weit getrieben, dass sie geeignet ist, in Aggression umzuschlagen: Wer sich so von den eigentlich minderwertigen Homosexuellen in die Enge getrieben, sexuell bedrängt, ja verfolgt sieht, der neigt natürlicherweise dazu, sich selbst zu verteidigen oder auch einmal zurückzuschlagen.


Dazu passt im übrigen die Einschätzung des ehemaligen Nationaltorwarts Jens Lehmann:

In der Fußballtalkhow "Sky90" erklärte der 44-Jährige auf die Frage, ob er es für möglich hält, dass sich ein aktiver Fußballprofi outet: "Wenn ein Spieler das machen würde, wäre er blöd. Er kann nicht voraussehen, was passiert. Das kann man den Leuten nicht raten, die hätten keinen Spaß mehr daran, Fußball zu spielen". Vor allem bei Auswärtsspielen könne es dann zu unvorhersehbaren Reaktionen kommen.


Aber sonst ist Homosexualität in unserer liberalen und toleranten Gesellschaft natürlich längst völlig unproblematisch, und es nervt totaaal, dass sich die Schwulen immer so aufspielen müssen.




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